Da ja mittlerweile der Irrglaube, es gäbe Polarlicht nur in den Pol-Regionen etwas zurechtgerückt wurde, wächst die Schar der Begeisterten welche auch gerne mal ein Polarlicht über Deutschland oder auf ähnlichen Breitengraden erleben möchten.
Hierzu stellen sich dann oft Fragen wie:
Wie bekommt man überhaupt mit, ob und wann solche Ausbrüche stattfinden?
Wie verfolgt man einen solaren Ausbruch bis zum möglichen Polarlicht?
Führt ein solcher Ausbruch möglicherweise zu einem hier sichtbaren Polarlicht?
Ich möchte hier einen kleinen Leitfaden geben, an dem man sich als neu Interessierter zu dieser Materie etwas orientieren kann. Es gibt ja etliche Links und eine Datenflut im Web, aber es ist ja Anfangs immer schwer, das Wichtige und Richtige zu finden. Mir ging es ja Anfangs auch nicht anders. Linklisten gab es zwar, aber was davon ist wirklich nützlich?
Daher beschreibe ich hier nur die aus meiner Sicht primär notwendigen Datenquellen, und was man ihnen entnehmen kann. Es gibt natürlich unglaublich viele Seiten, die alle diese Informationen in den unterschiedlichsten Zusammenstellungen darstellen. Wenn diese hier fehlen, soll das kein Qualitätsurteil sein. Jeder wird sich nach und nach auch andere Quellen erschließen, die ihm halt persönlich am besten zusagen.
Mir geht es aber für meine Beobachtungen in der Regel um die Datenquellen, mit denen ich am schnellsten Zugriff auf die entscheidenden Informationen bekomme. Dies sind in der Regel die Datenseiten des jeweiligen Instituts/Organisation, welche auch die entsprechenden Satelliten/Instrumente betreiben.
Daher die Idee, dieses anhand des praktischen Ablaufes aus meiner Erfahrung darzustellen, und nicht nur eine Linkliste zu präsentieren. Ich werde aber in diesem Beitrag, nicht auf die Natur sämtlicher Phänomene eingehen, da dies den Rahmen sprengt. Wer mehr zur Sonne und der speziellen Vorgänge dort wissen möchte, den muss ich auf einschlägige Quellen verweisen.
Mir geht es hier primär nur darum, den Weg solarer Materiewolken und ihrer Wirkungen von ihrer Detektierung mit den entsprechenden Satelliten und deren Instrumenten zu beschreiben, den Weg bis zur Erde darzustellen, und welche Möglichkeiten es gibt, ein Polarlichtereignis abzuschätzen, bzw. ob es überhaupt zu einem Ereignis kommen kann, welches Polarlichter in relativ niederen geomagnetischen Breiten wie z.B. Deutschland ermöglicht.
Noch eine ganz wichtige Sache: Viele Webseiten und Datenquellen zu diesem Thema sind überwiegend in Englisch gehalten.
Wer sich also näher damit beschäftigen möchte, wird ohne eine gewisse Kenntnis des Englischen manches schwerer oder nur sehr schlecht nachvollziehen können. Es ist leider nicht leistbar, dem nur deutschsprachigen Interessiertenkreis sämtliche Informationen in Deutsch verfügbar zu machen. Hier ist leider Eigeninitiative erforderlich. Wem dies aus welchen Gründen auch immer nicht möglich ist, den möchte ich auf das weiter unter verlinkte Forum und die Seiten des AKM e.V. verweisen. Dort werden viele Informationen durch engagierte und erfahrene Polarlichtbeobachter in deutsch mitgeteilt.
Alle im Folgenden beschriebenen Zusammenhänge führen zu den von Polarlichtbeobachtern so geschätzten "Geomagnetischen Stürmen". Diese sind Vorraussetzung, um überhaupt Polarlichter zu ermöglichen. Geomagn. Stürme definieren sich im Groben durch starke Schwankungen des irdischen Magnetfeldes. Diese Schwankungen werden durch den auf die Magnetosphäre wirkenden Druck des geladenen Partikelstromes (Sonnenwind) ausgelöst, und führen zu Änderungen der Form des Erdmagnetfeldes und seines magnetischen Flusses.
Erst durch diese starken magn. Fluss- und Formänderungen kommte es zum Eindringen von Elektronen in die Erdatmosphäre in der Nähe der Pole, welche dann durch Wechselwirklung mit den Luftmolekülen für das Phänomen des Polarlichtes sorgt.
Leider würde allein die physikalische Beschreibung dieses Phänomens eine eigene Seite nötig sein. Entsprechende weiterführende Links werde ich demnächst noch einbauen.
Egal wie, Ursache für alle diese Vorgänge ist der Atem der Sonne, der Sonnenwind.
Die Sonne sendet zwar immer einen Partikelstrom ins All, welchen man aber vereinfacht als ruhig und homogen bezeichnen kann. Um einen geomagnetischen Sturm zu entfachen und möglicherweise Polarlichter auszulösen bedarf es also Ereignissen die vom normalen, eher "ruhigen" Sonnenwind, in Struktur und ihrer Eigenschaften deutlich abweichen.
Daher zuerst zwei der vorrangigen Ereignisse, die zu geomagnetischen Stürmen führen können:
1. Coronale Massenauswürfe (coronal mass ejection, CME)
2. Coronale Löcher (coronal hole, CH) welche einen Hochgeschwindigkeits-Teilchenstrom (coronal stream, CS) zur Folge haben.
Es gibt zwar noch untergeordnete Ereignisse, aber diese stehen erst mal hinten an.
Als erstes beschreibe ich den CME, da er die beste Möglichkeit bietet, den Sachverhalt zu erklären und einige Aussagen bzw. Abschätzungen über die möglichen Auswirkungen zu machen.
Die Beschreibung zu den CH folgt dann im Anhang, da diese etwas anders von der Struktur her wirken. Für ihre Detektierung und Interpretation der Daten sind aber die gleichen Instrumente wie für einem CME im Gebrauch. Daher ist das Verständnis aller Abläufe bei einem CME als Grundlage sehr hilfreich, da die wesentlichen Hilfsmittel und Datenquellen die gleichen sind.
Ursache für Ausbrüche auf der Sonne sind in der Regel Sonnenflecken(-gruppen)(Sunspots, Sunspot groups). Nur durch das Verfolgen der Entwicklung der Sonnenflecken kann man schon sehr frühzeitig erste Hinweise bekommen, ob eine Fleckengruppe Potenzial hat, einen relevanten Ausbruch zu erzeugen.
Datenquellen hierfür sind in erster Linie die Daten des SOHO-Satelliten (Solar and Heliospheric Observatory) und irdische Sonnenobservatorien. Diese liefern Bilder in den verschiedensten Varianten und Spektralbereichen, oder auch magnetografische Auswertungen.
Eine der besten Datenquellen hierzu ist die offizielle Seite des SOHO-Satelliten:
SOHO Realtime Website.
Quelle: SOHO Homepage
Mittlerweile haben auch die beiden im Dezember gestarteten Satelliten der Stereo-Mission (Solar TErrestrial RElations Observatory) ihren offiziellen Betrieb aufgenommen. Diese Mission wird völlig neue Einblicke in die Gestalt und der dynamische Prozesse von Materieauswürfen bringen. Entscheidender Vorteil dieser Mission gegenüber SOHO ist die räumliche Lage der Satelliten. Diese werden CME von einer Position seitlich der Linie Sonne-Erde aus beobachten, so dass sich mögliche Auswirkungen besser vorhersagen lassen. Näheres dazu siehe:
Stereo-Homepage und Stereo- Science-Center
Eine weitere sehr wichtige Seite ist der "Solar-Monitor"
unter der Regie der NASA, in Zusammenarbeit mit verschiedenen weiteren Instituten.
Die dort gezeigten Bilder der Sonne ermöglichen das Verfolgen der Entwicklung von Sonnenflecken im Bezug auf ihre Größe, und eine Beurteilung der magnetischen Komplexität anhand der Magnetogramme. In einfacher Näherung kann man sagen:
Je größer und komplexer eine Fleckengruppe ist, um so wahrscheinlicher hat sie das Potenzial für einen größeren Flare/CME. Ob und wann, und in welcher Stärke sich ein solcher Ausbruch ereignet, kann man aber trotzdem nicht vorhersagen. Ebenfalls können auch kleinere, aber dafür komplexe Gruppen für kräftige Ausbrüche sorgen.
Die Größe einer Gruppe wird in Millionsteln der sichtbaren Sonnenscheibe angegeben. Die größten bisher registrierten Gruppen erreichten Werte von über 6000. Das sind aber eher Ausnahmen, und diese treten wohl nur während eines solaren Maximums auf.
Erfahrungsgemäß haben Gruppen ab einer Größe von ~300 aufwärts ein mögliches Potenzial. Es kann aber auch Gruppen mit einer Größe von z.B. 1000 geben die magnetisch aber so wenig komplex sind, und daher nur wenig Aktivität hervorbringen.
Mit Komplexität sind möglichst engräumig, magnetisch unterschiedlich gepolte Strukturen, innerhalb einer Fleckengruppe gemeint. Sind innerhalb 2° Abstand deutlich magnetisch entgegengesetzt gepolte Strukturen erkennbar, spricht man von einer "Delta-Konfiguration". Angegeben werden die Gruppen nach verschiedenartigen Klassifikatonsstufen.
Die magnetische Einstufung der Gruppen geschieht nach dem Schema der "Mount Wilson Magnetic Classifications". Diese Klassen magnetischer Konfiguration sind "Alpha", "Beta", und "Gamma" welche grob gesagt aufsteigend eine zunehmende magnetische Komplexität beschreiben. Das "Delta" ist dann der komplexeste Zustand., in der Regel werden diese dann als "Beta-Gamma-Delta" eingestuft wird. Möglich ist auch die Beschreibung von mehreren Deltas. (Multiple delta configuration)
Diese Art der Klassifikation ist wohl die im Allgemeinen meist verwendete, und wird auch von den meisten offiziellen Seiten in deren Berichten und Warnmeldungen so benutzt.
Eine genaue Erklärung der vorgenannten und anderer Klassifikationen findet man beim SIDC User Guide
Beispielhaft hier mal die Daten des Solar-Monitor vom 09. April 2001, wo etliche Gruppen zu sehen sind, und ihre entsprechenden Klassifikationen, Größen, und magnetischer Konfiguration.
Die Sonne am 09. April 2001
Hier ist die Gruppe 9415 hervorzuheben, welche der Auslöser des Polarlichts vom 11. April 2001 war.
Die Flares dieser Gruppe mit den Stärken M7,9 und am 10.04. mit X2,3 sowie die zugehörigen CME's erreichten bereits 1,5 Tage später die Erde.
Soweit der der erste Teil.
Im Teil 2. folgt die Beschreibung der Flares und der daraus resultierenden CME.
Lutz Schenk
08. Februar 2007
08.02.2007 Teil 2 abgetrennt.
06.02.2007 Kleinere Textüberarbeitungen in Einleitung.
03.02.2007 Erstveröffentlichung.